Samstag, Mai 26, 2007

Stößt Anne West zur Männerbewegung?

Anne West (Nina George) ist die erfolgreichste deutsche Ratgeberautorin im Bereich Sexualität, Erotik und Partnerschaft, und wenn ich nach den Amazon-Charts gehe, ist “Der Venus-Effekt“ ihr derzeit beliebtestes Buch. (Ich sollte vielleicht keine Reklame für Konkurrenztitel machen, aber Anne West empfiehlt in ihrem neuesten Werk auch den Marterpfahl-Verlag, also quid pro quo.) In „Der Venus-Effekt“ finden sich einige aufschlussreiche Passagen:

Begucke ich mir Frauen heute, im 21. Jahrhundert, so haben sich die Frauentypen in ihren Extremen verwässert. (...) Sie sind gebildet in Sachen Beziehungsführung, sehen den Feminismus in seiner Härte kritisch, aber schreien nach dem neuen Mann, der ihnen bitte passen soll. Es soll immer nur der Mann sein, der sich ändern muss, flexibel wie Quecksilber. Mann hat aber keine Lust auf Frauen, die nicht wissen, was und wen sie wollen, die alle Männer in einen Sack stecken, die tricksen, manipulieren, erziehen, locken, verführen, die fordern – ohne zu geben! Männer lieben Frauen, nach wie vor, sie wollen und können auf Dauer nicht ohne Frauen, doch sie haben Angst, als Mensch zweiter Klasse gesehen zu werden, selbst wenn sie aus Versehen ein „Traumtyp“ sind.


Anne West, Der Venus-Effekt, S. 13-14.

Aber vielleicht sollten Frauen erst einmal ihren Ton ändern? Diesen klagenden Tonfall, der Männer per se als schuldig abstempelt: Ein Mann ist schuldig, wenn er einer Frau die Tür aufhält („Hältst du mich für behindert, oder was?“), aber auch wenn er es nicht tut („Hast wohl keinen Respekt vor mir, wie?“) – ein Mann ist schuldig, weil er ein Mann ist.


Anne West, Der Venus-Effekt, S. 14.

Ich bin´s leid, dass Frauen anderen Frauen übelnehmen, wenn sie kurze Röcke und hohe Schuhe tragen, ich bin´s leid, dass Frauen hochmütig über Männer lächeln, aber hintenrum fragen, wie sie ihn denn bekommen können; und ich wünschte, wir hätten den Herren nicht das In-den-Mantel-Helfen und Rechnungen-Bezahlen verboten, dann hätten wir jetzt nicht so viele ungeschickte, unhöfliche Männer, die einer Frau nicht mehr den ihr gebührenden Respekt erweisen.


Anne West, Der Venus-Effekt, S. 18-19.

Man könnte jetzt ein weig herumhacken auf dem starken, schwachen Geschlecht der Herren, dass die nicht mit diesen neuen Frauen, die sich entwickeln, verändern, die alles wollen und alleine leben, umgehen können und sich mit Zeugungsstreik revanchieren. Man könnte aufjaulen, dass sich gefälligst der Mann ebenso emanzipieren sollte, ein Aufbruch ins neue Mannsein, in dem er seinen menschlichen Erfolg bitte sehr darüber definiert, ob er mit diesen emanzipierten, feministisch-verunsicherten Frauen umgehen kann. Ja, verunsichert: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Zahl der Singles zunimmt und die der Kinder ab; in einer Stimmung, die mit einem ganz großen Fragezeichen daherkommt; und ich kreide es dem Feminismus an, der nicht mehr zeitgemäß ist; der im theoretischen Ansatz seine Gründe hatte und notwendig war; der sich aber dermaßen dynamisch in die Scheiße ritt, dass wir nicht mehr wissen, wie wir Frauen den Alltag leben sollen. Und auch wenn echte Frauen echte Kerle wollen, wie es derzeit Trend ist, so haben wir ein grundlegendes Problem: Uns sind die echten Frauen ausgegangen. Jene nämlich, die sich ein Mann als Lebensgefährtin vorstellt.


Anne West, Der Venus-Effekt, S. 195-196.

Kein Geschlecht ist das bessere, und wenn Alt-Feministinnen weiterhin behaupten, dass Frauen das wertvollere sind, dann schreie ich: denn sie verhalten sich damit genauso wie jene Männer vor ihnen, die versucht haben, das weibliche Geschlecht zu unterdrücken und zu disziplinieren. Intelligent und menschlich ist das nicht.


Anne West, Der Venus-Effekt, S. 202

Gut, die eine oder andere Formulierung mag den positiven Gesamteindruck ein wenig trüben, aber insgesamt ist das ein ausgesprochen männerfreundliches Buch. Es enthält übrigens auch ein vernünftiges Interview mit dem Männerforscher Walter Hollstein und sechs Seiten zusammengetragener Männerurteile über heutige Frauen. West eröffnet diese Passage mit den Worten: „Ladys; Sie müssen jetzt stark sein. Denn Männer sehen Frauen kritisch. Sehr kritisch. Und sehr genau. Und dabei gucken sie uns nicht mal auf die Problemzonen, die sind ihnen nämlich herzlich egal.“ Leider kann ich diese – ebenso scharfen wie treffenden – Zitate hier nicht wiedergeben, weil sonst noch der Eindruck entstehen könnte, dass Genderama frauenfeindlich wäre. Anne Wests Kommentar zu diesen Zitaten: „Noch hat der Frauenhass, als Äquivalent zum Männerhass (Männer sind halt alles Schweine und so weiter), sich nicht so durchgesetzt, aber, wer weiß, im schlimmsten Fall kann es uns passieren, dass wir Frauen demnächst ständig damit beschäftigt sind, gegen Klischees anzuarbeiten und uns zu erklären. Genauso wie es Männer seit 20 Jahren tun ...“

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