Samstag, Dezember 29, 2007

Lesermail (Abschiedsbrief)

Heute erreichten mich verschiedene Lesermails zum Abschiedsbrief eines Vaters, der an Weihnachten seinen kleinen Sohn und sich selbst tötete. Das erste Mail ist eigentlich ein Leserbrief an die Münchner "Abendzeitung", der aber mir und anderen in Kopie zuging und insofern als "offener Brief" zu bewerten ist:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte Sie folgenden Leserbrief zum o. a. Beitrag zu veröffentlichen.

Alle Jahre wieder, zu Weihnachten, stellen einige - über 2 Millionnen - Väter fest, dass am Ende ihres an den Anwalt abzutretendes Geldes verdammt wenig Familie übrig geblieben ist.

In Väterkreisen ist es eine altbekannte Tatsache, dass Männer - so wie es Frau Thea Dorn mal formulierte - ihre Probleme ganz alleine lösen müssen. Denn die über 2 Millionen Väter: Das sind ja lauter Einzelfälle, mit denen die Medien die Öffentlichkeit doch nicht belästigen wollen.

Nun ist allerdings eine kleine Panne passiert. Der verzweifelte Vater hat auch einen verzweifelten Abschiedsbrief ins Internet gestellt, der nicht rechtzeitig gefunden und gesperrt wurde.

So konnten sich einige ein Bild über die wahren Zustände im Familienrecht machen.

Und Sie können sich noch so lange anstrengen, die Versäumnisse einer verfehlten Familienpolitik und einer wegsehenden Medienlandschaft werden Sie nicht mehr wettmachen können.

Obwohl es bereits alle Spatzen von den Dächern Deutschlands pfeifen, die Familie, die Keimzelle der Gesellschaft wird zerstört - wie es der verzweifelte Roman S. formulierte, durch die "Familienvernichtungsmafia" - scheint dies in den medialen Redaktionen kaum jemanden zu jucken.

Haben Sie vielleicht eine Bannmeile für Spatzen in Umkreis von 1 km um jede Redaktion eingeführt?

Ist Ihnen als Journalisten nicht aufgefallen, dass der Vater, dem automatisch das Sorgerecht anerkannt wird (da seine Frau ja gnädigerweise mit ihm mal verheiratet war), nun auf Betreiben der Mutter - und vor allem ihres Anwalts - dieses Sorgerecht verlieren sollte? Ist Ihnen denn nicht bewusst, dass dabei vor Gericht gelogen wird, dass das Sorgerecht des Vaters, nicht "zum Wohle des Kindes" gereicht? Dass "zum Wohle des Anwalts - pardon - Kindes" der Vater sein Sorgerecht abzugeben hat?

Das behauptete Verschulden des Vaters wird dann mit aller Macht vors Gericht durchgeboxt. Ex-Frau und ihr Anwalt belasten dann den Vater auf Teufel komm raus (habe selbst erlebt: trotz Unterhaltszahlungen an meinen Sohn in Höhe von gut 23.000 € behauptete seine Anwältin frech, ich hätte ihm keinen Cent bezahlt) und die Richter scheren sich einen Dreck um die Gegenbeweise oder Aktenlage (ibidem auch in meinem Fall).

Denn wie hatte es Herr Messmer auf der gleichen Seite im Interview formuliert: (Sorgerecht kann entzogen werden,) "Wenn eine Gefährdung des Kindeswohls dies erfordert. Etwa wenn es sexuell missbraucht wird, der Elternteil kriminell oder geistig krank wird."?

In solchen Fällen, liebe Journalisten, darf es nicht heissen, dass sich "die Väter in die Ecke gedrängt fühlen", sondern sie hätten als Tatsachenjournalisten berichten müssen, dass sie tatsächlich in die Ecke gedrängt, einfach überrollt, zermalmt werden, ihre Würde mit den Füßen getreten wird.

In solchen Fällen, liebe Journalisten, hättet ihr sofort den Anwalt der Ex-Frau fragen müssen, was genau dem armen Roman S. vor Gericht vorgeworfen wurde. Denn die Vorwürfe müssen so ungeheuerlich gewesen sein, dass dem Vater sein Freitod und der Tod seines Kindes als die bessere, die einfachere Lösung erscheinen musste. Denn ein solches Verfahren zieht sich über Jahre hinweg und kostet einige Tausend EURO für Gutachter und Anwälte (5400 für Gutachter + geschätzte 4000 für die Anwälte, 9 WF 26/03 , vom 6.3.2003, OLG Koblenz ). Am Ende dieses Verfahrens hat der Vater das, was ihm am Wichtigsten im Leben war, die Liebe seines Kindes, garantiert verloren.

Es sind bereits über 2 Millionen Väter die sich in der "inneren Immigration" (wie es Ihr Psychologe formulierte) zurückgezogen haben.

Nun haben wir ab dem 1.1.08 ein neues Unterhaltsrecht. Erneut bereiten sich die Anwälte in einschlägigen Seminaren darauf vor, auf die leichte Beute - die zahlungspflichtigen Väter - loszugehen. Wie Sie der Printausgabe der Seminarankündigung entnehmen können (angehängte Datei), erwarten die Juristen eine "Klagewelle".

Eine stille Klagewelle gegen die "inneren Immigranten" steht also bevor. Still, weil ihr Journalisten die Spatzen nicht pfeifen hört.

Und nächste Weihnachten, nach dem Klagewellen-Tsunami, werden Sie erstaunt feststellen, dass die Zahl der getöteten Kinder in Deutschland erneut gestiegen ist. Weil Sie schweigen! Weil Sie nicht in der Lage sind, endlich die Machenschaften der Scheidungsindustrie und die Seilschaften ihrer Helfershelfer aufzudecken und anzuprangern.

Kurz vor Silvester 2009 wird sich dann Ihr Psychologe erneut an uns, den "inneren Immigranten" mit dem hilflosen Aufruf wenden, wir sollten doch bitte, nachdem uns die Anwälte die Taschen geleert haben, auch noch eine milde Gabe an der psychologischen Berufssparte leisten und "professionelle Mediatoren oder auch eines Ehe- und Familienberaters" um Hilfe zu bitten.

Wir sind zwar nur 2 Millionen Einzelfälle, haben aber unsere Erfahrungen an weitere 6 bis 10 Millionen Väter erzählt. Mit der Folge, dass der Glaube an der Institution EHE (Errare Humanum Est) immer stärker schwindet. Glauben Sie, dass Sie diese Kettenreaktion - wo Sie doch so gegen Kernkraft sind - stoppen können?

Mit freundlichen Grüßen

und den besten Wünschen für das Jahr 2008 (insbesondere kein familienrechtliches Tsunami).


Der Verfasser einer weiteren Mail, die mich zu diesem Thema erreichte, empört sich insbesondere über die Zensur des Abschiedsbriefes:

In dem von der tz abgedruckten Brief erhob der Mann massive Vorwürfe gegen seine Ex-Frau, ein Familiengericht sowie die Politik.

DIE SEITE WURDE SCHLEUNIGST VON FRAU JUSTUTIA GESCHLOSSEN.
Die Botschaft an das gemeine Volk: Du sollst nicht merken!

Er ist -bis heute- lediglich und auszugsweise bei den "Aichacher Nachrichten" abrufbar. Der Brief wurde ursprünglich am Donnerstag in der "tz" veröffentlicht, ist aber online nicht abrufbar. Dagegen will die tz wohl Abbitte leisten für die Veröffentlichung und berichtet nun so:

"Vieles spricht dafür, dass Roman S. dieses *infame Verbrechen* schon länger geplant hat."

Die Mutter wurde nicht vorsorglich verhaftet, sondern darf ihrem Ex-Ehemann in der "tz" hinterherhöhnen:

"In letzter Zeit soll sich Roman S. verändert haben. Zwar hielt er sich weiterhin zuverlässig an alle Vereinbarungen. *Doch hatte Monika S. dass Gefühl, dass der Ex „irgendwie spinnt“*, wie sie später der Polizei sagte.

(...) Natürlich will ich diese Tat nicht gutheißen. Auffallend ist jedoch, wie mordende Mütter immer mit Samthandschuhen angefaßt werden. Krank sind sie meist und/oder überfordert. Mitleid soll hervorgezaubert werden und es wird nach der (Mit)Schuld des Partners gefragt.

In diesem Fall, gestehe ich, habe ich Mitleid mit diesem verzweifelten Vater, Roman S., der selbst post mortem noch mundtot gemacht wurde.


Dem Toten wurde das letzte Wort entzogen. In seinem Abschiedsbrief spricht er unter anderem von "femifaschistischen Vollidioten von der SPD und FDP, die vor 30 Jahren das heute gültige schwachsinnige Scheidungsrecht eingeführt haben" sowie einer "Familienvernichtungsmafia". Statt diese Zustände und ihre schrecklichen Folgen zum Thema zu machen, reduziert die Berichterstattung der "tz" die Ereignisse auf die Untat eines einzelnen zutiefst bösartigen Untermenschen:

Den Auslöser kennt die Mordkommission noch nicht, wohl jedoch das Motiv: Blanker Hass auf die Ex- Frau, die ihm in seiner Vorstellung das Liebste genommen hatte – sein Kind. So reifte in seiner fanatischen und egoistischen Liebe zu Mikey der grausame Plan, seine Ex-Frau zu „bestrafen“. Vermutlich in den frühen Morgenstunden des 25. Dezember wurde das Häuschen in der Lerchenstraße Schauplatz eines unfassbaren Verbrechens. (...) Vieles spricht dafür, dass Roman S. dieses infame Verbrechen schon länger geplant hat. (...) Die fürchterliche Rache ihres Ex- Mannes – sie ist aufgegangen.


Wenn man dieses Aufs-Grab-des-Vaters-Pissen mit der verständnisvollen, bemitleidenden Berichterstattung über mordende Mütter vergleicht, die grundsätzlich als "überfordert", "zu wenig unterstützt" und "psychisch gestört" geschildert werden, kann einem in der Tat nur noch übel werden. Gut und Böse werden im deutschen Journalismus fein säuberlich nach Geschlechtern getrennt.

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