Donnerstag, Dezember 13, 2007

"Medusa schenkt man keine Rosen" (Rezension)

"Das ist alles zuviel für mich. Ich bin doch nur eine Frau!" Mit solchen Worten sei die zwischenzeitlich auch mal als Alice Schwarzers Nachfolgerin bei der "Emma" gehandelte Anke Engelke weinend in seine Arme gesunken, als der Misserfolg ihrer Late-Night-Show zu groß und die Presse zu negativ gewesen sei, berichtet der ehemalige Sat.1-Chef Roger Schawinski in seinem Insider-Bericht "Die TV-Falle". An diese Anekdote musste ich unwillkürlich denken, als ich jetzt ein anderes Buch las: Michail A. Xenos gestern bei mir eingetroffenen Band "Medusa schenkt man keine Rosen", der sehr eindrucksvoll analysiert, wie so manche Frauenrechtlerin zwischen Gleichheitsfeminismus ("Männer und Frauen sind gleich und müssen deshalb gleichberechtigt werden") und Differenzfeminismus ("Männer und Frauen sind ungleich, deshalb brauchen Frauen ein paar Sonderrechte") geschickt hin und her pendelt. Für das liberale Magazin "eigentümlich frei" habe ich eine Rezension zu diesem Buch geschrieben, die ich für die Genderama-Leser hier gerne schon einmal vorab veröffentliche:

Wenn man sich in ein Buch verlieben könnte, dann in dieses. Eigentlich müsste jedem Mann, der noch alle seine Sinne beisammen hat, warm ums Herz werden bei der Lektüre: Bei jeder Zeile möchte man Xenos beipflichten, wie Recht er mit seinen Einsichten hat. Getrübt wird diese Begeisterung nur von der Bestürzung darüber, dass kein anderer zuvor so klare und so scharfsichtige Erkenntnisse zur Geschlechterdebatte zu Papier brachte. Mit einer geradezu poetischen Sprache legt Xenos eine Analyse des Feminismus vor, die sehr gut eine abschließende sein könnte: So legt er dar, wie sich aus der These "Frauen sind gleich" die Ideologie "Frauen sind besser" entwickelte. Er stellt das Doppelspiel des Feminismus bloß, Geschlecht einerseits als konstruiert zu betrachten, andererseits aber den Mythos der von Natur aus überlegenen (teamfähigeren, kommunikativeren etc.) Frau und dem minderwertigen (aggressiveren etc.) Mann zu begründen – je nachdem, welcher Weg gerade taktisch sinnvoller erscheint. Und er beantwortet die Frage, wie es zu dem auch von einigen Männern so erschreckend bereitwillig übernommenen, oft schon ins Faschistoide reichenden Männerhass vieler Feministinnen gekommen ist. "Saure Trauben" lautet Xenos Antwort, oder, um mit Freud zu sprechen: Penisneid – und zwar sowohl bei Frauen als auch bei so manchem blassen Männchen. Beide Gruppen nämlich können mit Männern, die wirklich mutige Kontroversen wagen oder echte Leistungen vollbringen, nicht mithalten und reagieren darauf mit viel Wut und Häme. Dabei entlarvt Xenos die zeitgeistigen Slogans von der "Krise der Männer" und dem "Jahrhundert der Frauen" als allzu durchsichtigen Unsinn: In denselben Jahrzehnten nämlich, in denen Frauen ein paar Verwaltungsposten mehr erringen konnten, solange sie dabei mit Quoten, "umgekehrter Diskriminierung" und Milliardensummen an Unterstützung gefördert wurden, verwirklichten Männer aus eigener Kraft Menschheitsträume: Sie entwickelten beispielsweise das Internet, das im übrigen beim Kampf für Demokratie und gegen destruktive Ideologien noch eine große Rolle spielen dürfte. Mit einem überzeugenden Plädoyer für individualistische Gleichberechtigung statt kollektivistischer Gleichstellung beschließt Xenos seine Analyse.

"Medusa schenkt man keine Rosen" ist ein wahrhaft großes Buch. In letzter Zeit ist es in Mode gekommen, Rezensionen zu solchen Werken mit "Lesen Sie es unbedingt!" oder "Lesebefehl" zu beenden. Das will ich nicht tun. Lesen Sie das Buch oder lesen Sie es nicht. Aber wenn Sie es nicht lesen, schaden Sie sich damit nur selbst.

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