Freitag, Februar 29, 2008

Lesermail (Literatur)

Genderama-Leser P.K. mailt mir:

Vielleicht hast Du gestern spätabends auf Arte die Doku über den Roman von Littell gesehen. Der Bericht hat einige Hintergründe über die Erscheinungsgeschichte des Romans in Frankreich erläutert: Zuerst wollte ja kein Verlag dieses Buch herausgeben. Interessant ist aber die Begründung: Die Sprache des Romans sei so kalt und brutal, dass er kaum Frauen anspräche, "ohne die kein Buch in Frankreich zum Bestseller wird". Das klingt fast wie die Angst russischer Medien vor mächtigen Oligarchen.

Des öfteren wurde von einigen wenigen Interviewpartnern gebetsmühlenartig wiederholt, dass der Roman etwas für pubertierende Männer sei, die sich für Naziästhetik begeistern. Andere (z.B. Michel Friedmann, Frank Schirrmacher) waren dem Roman gegenüber sehr wohlmeinend. Der ganze Artebeitrag äußerte sich fast ausschließlich positiv zu dem Buch.

Also suchte ich heute mal kurz Web nach Kritiken, und siehe da, Iris Radisch spricht von "wiederwärtigen Kitsch", "Edelporno", und und und. (...) Warum nur diese Galle? Neid, dass mal wieder ein Mann literarischen Erfolg genießt, oder Entsetzen darüber, dass sich offensichtlich viele Frauen, ohne die ja literarisch in Frankreich nichts läuft, von dem Buch begeistern ließen? Littell weiß, wovon er spricht, war er doch selbst als Helfer in Krisenregionen unterwegs und hat humanitäres Grauen selbst erlebt. Auch ein allzu großer Fan der Nazis dürfte der in einer jüdischen Familie geborene Littel kaum sein. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber viele Angriffe auf das Buch klingen wie allgemeine und alltägliche Angriffe gegenübern Männern: "Brutal", "Vulgär", "Obszön" und natürlich der unvermeidliche Pornographievorwurf.

Männer sind Schweine, auch literarisch.


Von Frauen verfasste Bücher sind eben ganz anders als dieses "vulgäre" und "obszöne" Zeug aus Männerhand, weshalb die Medien sich für ein strammes Marketing der weit anspruchsvolleren Frauenliteratur viel lieber begeistern lassen. Und so landet sie auch, so wie jetzt, verdientermaßen auf Platz Eins der Amazon-Charts.

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