Donnerstag, Februar 20, 2014

Piratenpartei verstrickt in Bomber-Harris-Skandal von Femen

Der Berliner Kurier berichtet:

"Bombergate", so wird der Skandal um die Neuköllner BVV-Abgeordnete Anne Helm genannt. Diese hatte in Dresden zum 69. Jahrestag der alliierten Bombenangriffe auf Dresden mit blanker Brust dem britischen Befehlshaber Arthur Harris "gedankt" – und so auf menschenverachtende Weise zehntausende Opfer verhöhnt. Der KURIER hatte sie trotz Vermummung enttarnt und die Geschichte öffentlich gemacht. Und seitdem toben heftige Diskussionen innerhalb der Piraten über die Frau, die sogar auf Listenplatz 5 zur Europawahl steht. Unklar ist, ob sie diesen behält oder womöglich, wie viele fordern, aus der Partei ausgeschlossen wird.


Ich kannte Anne Helm bislang nur, weil sie meine Lieblingssynchronsprecherin ist. (Helm spricht unter anderem die Brooke Davis in "One Tree Hill" und die Mary Crawley in "Downton Abbey".) Mir war auch bekannt, dass sie in der Piratenpartei aktiv ist; ihr Auftritt bei der Hanfparade 2012 etwa steht auf Youtube. Dass sie jetzt in ein Spektrum zwischen radikalem Feminismus, Antideutschen und Antifa abgerutscht sein soll, ist tragisch. Glaubt man dem Berliner Kurier, lässt das "Bombergate" die Piratenpartei in Berlin noch weiter abstürzen. Sowohl piratenintern als auch von anderen Parteien hagelt es so viel Kritik, dass sich, wie der Berliner Kurier formuliert, die Nackt-Piratin warm anziehen müsse. Sogar Femen selbst habe sich von Helms Auftritt inzwischen distanziert. Wobei Helm sich bislang um eine klare Erklärung gewunden habe, ob sie die Bomber-Harris-Feministin war oder nicht:

Viele Piraten hatten von Helm gefordert, dass sie sich zu ihrer Beteiligung bei dem Skandal äußert. Gestern Nachmittag veröffentlichte sie dann ein politisches Statement. Statt eines klaren "Ja" oder "Nein" verhedderte sie sich allerdings in einem historischen Exkurs. Laut Piraten-Bundesvorstand sieht sich Anne Helm derzeit "massiven Anfeindungen aus dem rechten Spektrum ausgesetzt".


Damit ist das #bombergate, wie es mittlerweile auf Twitter bezeichnet wird, aber noch nicht zuende: Auch die andere an diesem Skandal beteiligte Femen-Nacktivistin soll eine Piratin sein - und Genderama-Leser könnten sie aus früheren Beiträgen dieses Blogs kennen:

Ihr wahrer Name ist Mercedes Reichstein (22). Piraten-Mitglied und Kandidatin für den Berliner Landesvorstand. Sie warf im Februar laut Polizei "fackelähnliche Gegenstände" auf die russische Botschaft!


Der Berliner Kurier berichtet weiter:

Selbst liberale Piraten schütteln ungläubig den Kopf über die unhaltbaren Zustände, treten wie Enno Lenze aus oder distanzieren sich von der Partei. Kein Wunder, scheint doch selbst Beratern des Bundesvorstands wie Julia Schramm jedes Taktgefühl verloren gegangen zu sein. Sie twitterte zum "Bombergate": "Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei". Eine geschmacklose Provokation, die in anderen demokratischen Parteien wohl ein Parteiausschlussverfahren zur Folge hätte. Bei den Piraten heißt es von der Pressestelle: "Wir beobachten die Entwicklung sehr genau".


In einer heute veröffentlichten Erklärung des Landesvorstandes Niedersachsen der Piratenpartei distanziert sich dieser erfreulicherweise nicht nur von der Bomber-Harris-Aktion, sondern auch von anderen unguten Entwicklungen, die auf Genderama Thema waren:

Wir bekennen uns zu einem gleichberechtigten Miteinander aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder sexuellen Vorlieben. Wir sind uns natürlich bewusst, dass diese Gleichberechtigung noch nicht erreicht ist. Aber auch diese Auseinandersetzung bedarf des gegenseitigen Respekts und darf nicht in Drohungen, Nachstellungen, schwarzen Listen oder Internet-Prangern enden.


Vielleicht ist der aktuelle Skandal der Tropfen, der das Fass endlich zum Überlaufen bringt, und der den Piraten klar macht, dass sie deutlich besser fuhren, bevor sie Feministinnen und andere Radikale ans Ruder gelassen hatten. Allerdings scheint die kritisierte Fraktion innerhalb der Piratenpartei hochaktive Unterstützer zu haben:

Nächste Eskalationsstufe. Auftritt Schramm, Höfinghoff und Freunde. Feixend und johlend mit bekannten Parolen haut man in die von Helm geschlagene Kerbe, nennt es Twitterdemo. Kritik daran führt dazu, dass man zum Eichmann-Fan und Nazi gemacht wird. Wenn man das wird, weil man das Sterben Tausender Zivilisten nicht gutheisst und schon gar nicht das eklige Abfeiern darauf, dann bin ich wohl so einer. Einige Leute haben Screenshots gesammelt, Anzeigen würden mich nicht wirklich verwundern, gegen Anne Helm ist bereits mindestens eine gestellt worden. Der Account von Schramm ging dann auch schnell in den geschützten Modus. Pietätlosigkeiten die potentiell noch weitergingen, waren also nicht mehr nachvollziehbar.


Der hier von mir zitierte Blogger "Matze" berichtet weiter über seine Wahrnehmung der in diesem Lager vorherrschenden Stimmung:

Kurz: Stellt euch nicht so an, es ging nur gegen Nazis, war unvermeidbar und voll schön. Werft Bomben, macht Deutschland zu Ackerland. Parolen, die ich bei 16jährigen peinlich finden würde, sind für politisch agierende Menschen und die zugehörige Partei untragbar. Da wird doch sicher der Bundesvorstand reagieren.

Nein. Der wird krank, seine bessere Hälfte verteidigt dann Schramm, grob gesagt so: "Die Julia ist töfte und ein guter Freund, das ist schon ok so". Als dann mal was vom BuVo kommt, mittlerweile sind einige besonnene, vernünftige Personen ausgetreten, haben dies vor oder haben zumindestens angekündigt, für die Europawahl #keinenHandschlag zu tun, meldet sich der BuVo endlich.

Und berichtet an sich nur, dass Helm bedroht wird und dass das nicht geht und man zu ihr steht. Natürlich geht das nicht, keine Frage (wenn es stimmt, mittlerweile weiß man ja nicht mehr, wem man was glauben kann). Aber natürlich ist das einfach plumpes Derailing. Das mit dem Mollie in Berlin ist dann nur noch ein weiterer Tropfen, der ja fast schon untergeht. Aber gut, der Vollständigkeit halber: War nur symbolisch. Wichtige Geste. Vielleicht etwas übers Ziel. Sowas las man u.A. dazu.

Wir haben also mehrere politisch aktive Personen (auf Listen, in Fraktion …) innerhalb einer Partei, die nicht nur ungestraft, sondern mit Unterstützung vom Bundesvorstand lügen, Bombardements feiern und fordern und deren Kritiker, wie so gerne und oft, einfach schnell und laut als Nazis diffamiert werden. Einige zugehörige Piraten, wie z.B. Delius, freuen sich offen über Austritte von Personen, diese wären dann ja eh keine echten Piraten. Im Ernst? Die ganzen Leute, die austreten, waren nie Piraten? Diejenigen, die sofort Nazi schreien und Tote feiern schon? Ok. Dann waren Piraten immer anders, als ich dachte.

Zum Glück formiert sich auch Widerstand (ok, in Berlin, verständlicherweise eher still, da würde ich auch Sorge haben, zum Mobbingopfer zu werden) innerhalb der Partei. Was der noch retten kann und wie, ist eine interessante Frage.

Was haben wir also letztendlich?

Ein absolutes Desaster.


Das kann man wohl sagen: Inzwischen haben sich in der Piratenpartei fünf Landesverbände gegen den Bundesvorstand gestellt.

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