Donnerstag, Januar 08, 2015

Lesermail (ARD löscht brisanten Hörfunkbeitrag)

Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Servus Herr Hoffmann,

hatte heute morgen Ihren Beitrag von gestern Nachmittag über die beginnende Debatte zur Beschneidung in der Türkei gesehen und bin dann dem Link zur ARD-Mediathek gefolgt. Dort erwartete mich die Mitteilung, daß der Beitrag leider nicht mehr online ist. Auch die Archivsuche der ARD-Mediathek gab dazu nichts her.

Über die Stichwortsuche des Deutschlandradio-Archivs konnte ich den Beitrag dann doch noch ausfindig machen. Er ist noch zu finden unter:

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/01/07/drk_20150107_0536_26de7a2c.mp3

Wie man dem Beitrag #12 des Users Pizarro73 im entsprechenden Thread des deutschen Beschneidungsforums entnehmen konnte, war die Sendung bereits gestern Abend um 19:30 Uhr nicht mehr aufzurufen. Das ging ja wirklich ruckzuck: Nachdem der Beitrag gestern Morgen um 5:36 Uhr gesendet wurde, war er in der ARD-Mediathek bereits 14 Stunden später nicht mehr aufrufbar.

Die ARD-Mediathek teilt auf ihrer FAQ-Seite zur Verweildauer einzelner Beiträge Folgendes mit:

"Die Dauer der Verfügbarkeit einzelner Audios und Videos (Sendungen und Beiträge) ist unterschiedlich. Je nach Art und Inhalt des Audios oder Videos variiert sie zwischen einigen Tagen und mehreren Monaten. Generell gilt: Die Verfügbarkeit der Inhalte in der ARD Mediathek ist durch redaktionelle und rechtliche Vorgaben geregelt. Der rechtliche Rahmen der Verfügbarkeit von Inhalten wurde durch den am 1. Juni 2009 in Kraft getretenen 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag verändert. Danach dürfen nur noch Audios und Videos mit zeit- und kulturhistorischen Inhalten unbefristet angeboten werden. Die Verfügbarkeit aller anderen Inhalte muss zeitlich begrenzt werden."

Die Verweildauern wurden im Verfahren "Dreistufentest" festgelegt.

Ich frage mich, ob es eigentlich üblich ist, Beiträge schon nach wenigen Stunden aus der Mediathek zu kicken. Zum "Dreistufentest" findet sich bei der ARD eine Infoseite, in der folgende Kriterien zur Verweildauer eines Beitrags angegeben werden:

"1. inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen entspricht,

2. in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird und

3. welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist."

Ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß es finanziell unmöglich sei, eine dreiminütige Radiosendung für mehr als 12 Stunden öffentlich zu machen. Auch bezweifle ich, daß Punkt 2 oder irgendwelche rechtliche Schwierigkeiten ausschlaggebend waren. Als wahrscheinlichste Ursache vermute ich daher mal Punkt 1 und die "redaktionellen Vorgaben".

Da wird dann wohl ein freundlicher ARD-Redakteur entschieden haben, daß dieser Radiobeitrag nicht unseren "demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen" entspricht, und wir ihn darum nicht zu hören brauchen.

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