Dienstag, Mai 26, 2015

Kritik an reaktionärem FAZ-Artikel: "Männer sollen noch immer den treudoofen Büttel spielen"

Wenn ein Zeitungsartikel schon mit Männerjammer überschrieben ist, weiß man wenigstens auf den ersten Blick, dass hier mal wieder etwas aus der stockreaktionären Ecke kommt: Männer haben in unserer Gesellschaft heute wie vor 1000 Jahren schlicht nicht zu jammern. Das dürfen nur Frauen. Die Journalistin Antje Schmelcher führt dazu in ihrem FAZ-Artikel aus:

Doch weit entfernt vom Houellebecqschen Macho-Gehabe hängen die Häwelmänner sich nun an die von Müttern angestoßene Vereinbarkeitsdebatte dran – und wollen wohl dafür gelobt werden. Doch sie machen einen Denkfehler. Sie monieren, dass alles gar nicht geht, als hätten sie ein Recht auf alles: auf Freizeit, sichere Gehälter, vollzeitberufstätige Frauen, Kinder, Sex, gesunde Großeltern, Harmonie am Küchentisch und im Ehebett. Das haben Frauen nie gewagt zu fordern.

(...) Die Häwelmänner aber mögen keine Kompromisse. Sie wollen Mitleid und Anerkennung von irgendeiner übergeordneten Instanz. Die Frauen haben sich ihre Rechte selbst erkämpft. Die Häwelmänner wollen, dass ihnen jemand anderes den Weg erleuchtet, auf dem sie alles haben können.


Dieser Quark an sich wäre normalerweise eine Erwähnung auf Genderama nicht einmal wert. Fulminant hingegen ist eine Antwort darauf, die ich aus der Kommentarspalte des männerpolitischen Blogs "Alles Evolution" gefischt und minimal gekürzt sowie stilistisch überarbeitet habe. Ihr Verfasser firmiert unter dem Pseudonym "Teardown":

Das Thema wird in dem Maß zunehmen, in dem Männer anfangen werden, für sich genau das Gleiche zu fordern wie die Frauen. Ganze Legionen von Männern stehen in den Startlöchern, um nach mehr Staat und mehr Hilfe zu verlangen, aber SO war nicht der Plan!

Ich finde das zu lustig: Die Infantilisierung, das Dumm-Stellen, damit geholfen wird, das Appellieren an männliche Schutz- und Aufopferungsinstinkte sollten natürlich nur dem weiblichen Geschlecht dienen. Dass hier Männer mit der gleichen wie verständlichen Verve Unterstützungen für sich einfordern, DAS war nicht geplant. Früher wurden weibliche Sonderrechte bzw. die Anhörung weiblichen Jammerns aus dem Grunde der besonderen Schutzbedürfigkeit oder des Frauseins abgeleitet. Mit dem Diskurswandel heutzutage hin zur Sonderbehandlung aufgrund von "Gleichberechtigung" dachte Frau wohl, einen neuen Hebel gefunden zu haben. Und in der Tat, wir sehen ja, dass einseitig diskriminierende "Frauenförderung", also das Auseinanderfallen von Gleichberechtigung und Gleichstellung bestens funktioniert.

Aber das ist das Problem. Das "Gleich"-Argument greifen nun auch verstärkt Männer auf, die sich denken: Moment, ich bin gleich der Frau und ich will die gleiche Unterstützung und Rechte. Zwar mit rund 30 Jahren Verspätung, aber immerhin.

Offenbar kommt das für das empathischere und höherausgebildete Bessergeschlecht vollkommen überraschend, wie wir ja schon an anderen Artikeln weiblicher Feministen gesehen haben, dass Männer "moderne Geschlecherrollen" entdecken, Schwächen zeigen und Commitment in Beziehungen senken. Und jetzt verlangen diese Männer auch noch Karriere und Familie, sichere Löhne und Harmonie in den Beziehungen. NEIN! DAS darf nicht sein.

Interessanterweise kommentiert hier nicht eine Feministin, sondern eine eher konservative/traditionelle Frau. Die Argumente sind die gleichen, das Ziel ist klar:

Gleichberechtigung ist nur etwas für Frauen, Männer sollen dort "modern" sein, wo es IHR nützt, und natürlich auch weiterhin den treudoofen Büttel spielen. Denn Klappe halten und eigene Bedürfnisse negieren ist "männlich".

Ist das nicht lustig, dass hier mal wieder eine Frau in den Spiegel schaut, um Männern ihr Verhalten vorzuhalten, das diese durch das Beobachten und Antizipieren weiblichen Verhaltens erlernt haben?

Also quasi die Ablehnung weiblichen Verhaltens, sofern sie sich im männlichen Geschlecht zeigt? Wie unfassbar unmodern ist eigentlich eine solche Haltung? Was sagt uns das über 50 Jahre Feminismus in Deutschland und sein Wirken?

Es ist nichts modern im Feminismus. Die Argumente sind die gleichen (FRAUEN HELFEN!), nur die Basis hat sich geändert. Früher wegen Galanterie oder "das macht man so!", heute: "Wegen Gleichberechtigung". Thats it! Da gings nie um etwas Neues, Altes in neuen Schläuchen, mehr nicht. He FOR She. Na klar!

Und die Menschen, die jetzt die neuen Wege beschreiten, also die männlichen Menschen, die "jammern" (Frauensprache für "gleiche Rechte einfordern"), genau die werden von Frauen angefeindet. Weil GENAU dieses Verhalten genuin neu ist, ohne historisches Beispiel. Männer(rechtler) sind die eigentlichen First Mover, und dafür gibt es natürlich Frauenhaue: Nazimaskus, Frauenhasser und hässliche Jammerlappen. Das volle Programm der Beschämung und Beleidigung. Ist das nicht witzig?

Die weibliche Abkehr, der Untergang des Feminismus, kommt in dem Maße, wie Männer für sich das gleiche einfordern wie Frauen. Genauso Hilfe und Unterstützung verlangen, was im Gegenzug weibliche Verpflichtung und Ensatz erfordert. Zum Beispiel als Familienernäherin oder als Landesverteidigerin. Als gestresste Topmanagerin, die ihre Kinder nur abends sieht, oder als Trennungsmama, die sich mit dem pösen Ex rumschlagen muss, weil Kinder nicht mehr per se zu ihr gehören. Und und und. Wir sehen überall die Tendenzen, Suchtverhalten, Lebenserwartung und Erkrankungen, Frauen holen auf. Ist nämlich ganz schön stressig, so ein "gleichberechtigtes" Leben. Und das ist erst der Anfang.

Men deserve more, they got issues, too. Ob Frauen das mitmachen wollen? Man munkelt ja schon, die neue Generaton wird "konservativer".

Haha … konservativer. Ja so könnte man "ER muss die Familie versorgen", "ICH will nicht voll arbeiten" ect. nett umschreiben. Und genau an diesem Moment, wenn der Feminismus zusammenbricht und Frauen wieder zurücktreten, genau dann brauchen wir Männerrechtler. Genau dann muss kommuniziert werden, dass Gleichberechtigung nicht heißt, dass ER für alles verantwortlich ist und dabei disponibel. Echte Gleichberechtigung muss in dem Moment gefordert werden, wo die falsche des Feminismus zusammenbricht und Frauen den Exit wählen.

Und ich glaube, dieser Moment kommt eher, als viele denken. Ich werde nicht müde zu betonen: Für mich fühlt sich das alles ein bisschen an wie Oktober 1989 … Wind of change is coming.


Zu der reaktionären Haltung des nur vermeintlich progressiven Feminismus steht seit gestern auch ein gelungenes Video von Kevin Fuchs online.

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