Montag, November 30, 2015

Nach dem Genderkongress

Die Spannung war groß vor dem ersten deutschen Genderkongress, der auch Probleme und Anliegen von Männern angemessen behandeln würde. Wir Mitglieder des Organisations-Teams erwarteten die unterschiedlichsten Schwierigkeiten: etwa dass uns auf politischen Druck hin der Veranstaltungsort, die Meistersingerhalle in Nürnberg, noch am Tag vor dem Kongress widerrechtlich gekündigt worden wäre. Oder dass diejenigen, die vor dem Kongress tüchtig Stimmung gegen den Kongress schürten und unter denen es – nach Auskunft meiner eigenen Unterstützer in der linken Szene – auch Vernetzungen zum gewaltbereiten Spektrum gab, uns echten Stress machen würden.

Tatsächlich habe ich gerade ein wunderbares Wochenende hinter mir, das beste seit langem! Für mich war dieser Kongress wohl noch euphorisierender als für viele andere Besucher. Teils fühlte ich mich wie auf einem Klassentreffen, bei dem man liebgewonnene Bekannte endlich mal wiedersieht, teils war es großartig, Menschen persönlich zu begegnen, die man bisher nur aufgrund ihrer Veröffentlichungen im Internet kannte und manchmal bewunderte: alle sehr interessante und sympathische Männer und Frauen unterschiedlichsten Alters, wobei ich besonders bemerkenswert fand, wie entspannt und zuversichtlich sie alle trotz dem enormen Stress waren, dem Abweichler vom Gender-Establishment seit Jahren ausgesetzt sind. Von dieser ansteckend guten Laune bekommt man durch die vor allem problematisierenden Beiträge im Internet sonst ja eher wenig zu spüren.

Auch über den Kongress hinaus hat an diesem Wochenende für mich alles gestimmt. Ich konnte zum Beispiel schon am Tag meiner Ankunft in Nürnberg über den Christkindlesmarkt gehen, den ich genauso malerisch und romantisch fand, wie ich ihn mir schon als Kind vorgestellt hatte. Und nach dem Kongress stieß ich im Bayrischen Fernsehen auf einen super Mitschnitt eines Konzerts von Gogol Bordello, den allerdings meine Zimmernachbarn im Hotel vielleicht etwas weniger toll fanden.

"Jetzt ist es aber mal gut, du Schlumpf", kann ich einige von euch schon rufen hören. "Gab mal Zeiten, da war Genderama kein persönliches Tagebuch, sondern brachte Nachrichten, die uns alle interessieren." Ist auf dem Kongress denn männerpolitisch etwas rumgekommen? (Ja.) Berichten die Medien darüber? (Ja, zum Beispiel die Welt.) Haben Gegner des Kongresses versucht, die Veranstaltung aufzumischen? (Ja – und wenn man sich zum Beispiel anschaut, wer diesem Veranstaltungshinweis auf Facebook ein "Gefällt-mir" gab, kann man sich ein erstes Bild von diesem Lager machen.)

Aber all die anderen Antworten, die euch vermutlich brennend interessieren, kann ich euch erst nach und nach geben, weil ich das teilweise noch mit den Veranstaltern abstimmen möchte, noch Detail-Informationen benötige etcetera. Wegen dem Gewicht dieser Veranstaltung kann ich hier nicht einfach mal so fröhlich drauflosbloggen wie sonst. Ich gehe aber davon aus, dass die Informationsversorgung zum Genderkongress insgesamt so umfassend sein wird, dass es dem einen oder anderen von euch vielleicht sogar zuviel sein wird, immer noch neue Beiträge darüber zu lesen, nachdem die Veranstaltung längst vorbei ist.

Wobei es sehr gut sein kann, dass sie auch auf lange Sicht nicht "vorbei" sein wird.

Weil erstens nämlich die Zeit nach dem Kongress Mitte nächsten Jahres vermutlich in die Zeit vor dem nächsten Kongress übergehen wird. Die Veranstaltung vom Wochenende sollte ein Startschuss sein und kein Einzelfall. Und zweitens glaube ich tatsächlich, dass dieser Kongress eine politische Zäsur darstellt, die die Geschlechterdebatte in Deutschland dauerhaft verändern wird. Diesen Satz schreibe ich nur mit großer Zurückhaltung. Noch allzu gut kann ich mich an den ersten Antifeministenkongress in der Schweiz erinnern, den zumindest ein Blogger derart marktschreierisch bewarb, als würde er eine weltweite Zeitenwende auslösen. Stattdessen ist danach wenig geschehen, und die Schweizer Antifeministen haben sich dieses Jahr sang- und klanglos aufgelöst. Insofern versuche ich meine eigene Hochstimmung lieber ein wenig zu zügeln. Aber auch wenn ich versuche, die Sachlage mit journalistischer Nüchternheit zu betrachten, bin ich sehr guter Dinge. Dieser Kongress dürfte einer von vielen wichtigen Etappen hin zu einer fairen Geschlechterdebatte gewesen sein, die aktuell stattfinden. Der politische Gegner scheint dieser Sichtweise zuzustimmen. Andernfalls wäre der fast hysterische Widerstand dagegen, dass etwa hundert Frauen und Männer zusammengesessen und sich über ihre Anliegen und Probleme ausgetauscht haben, nicht derart massiv gewesen.

Eine persönliche Ergänzung: Ganz herzlichen Dank an den Unterstützer, der mir auf dem Kongress eine Spende für Genderama hat zukommen lassen. Schreibst du mir bitte kurz eine Mail an die bekannte Adresse?

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