Montag, Mai 16, 2016

Vermischtes vom 16. Mai 2016

1. Mit der in Tränen ertrunkenen Rede Kübra Gümüşays auf der re:publica als Aufhänger schreibt Lucas Schoppe heute wieder über die Perspektiven einer linken Männerpolitik:

Sexismus (...) ist bei [Gümüşay] nicht kulturell bedingt, sondern universeller Bestandteil von Männlichkeit – Rassist ist jeder, der das anders sieht. Wir stehen für die Liebe – die anderen stehen für den Hass. Eben deshalb, weil wir für das Gute und die Liebe eintreten, werden wir mit Hass verfolgt. Angesichts einer solchen Linken wird es verständlich, warum sich gerade Menschen, die sich an klassischen linken Werten – sozialer Gerechtigkeit, Offenheit für Neues, Solidarität mit den Schwächeren – orientieren, heute nur noch zögernd als links bezeichnen.

Nebenbei erledigt Gümüşay dabei auch die Vorstellung, eine "emanzipatorische" Politik würde Geschlechterrollen öffnen und verändern wollen: Einen Auftritt wie ihren hätte sich ein Mann nicht leisten können, ohne sich zum Gegenstand von Mimimi– und Male-Tears-Spott zu machen.

(...) Während sie sich als moderne Feministin präsentiert, gestaltet sie bis ins Detail, die effektvolle Bitte um ein Taschentuch, das traditionelle Muster der Damsel in Distress nach. Die ausnahmslos-Kampagne, an der sie beteiligt war, verlief trotz erheblicher Unterstützung durch Medien und Parteien schnell im Sande – weil es offenkundig allzu substanzlos war, das Klischee des ständig vergewaltigungsbereiten arabischen Mannes einfach nur durch das Klischee des ständig vergewaltigungsbereiten Mannes zu ersetzen.


Welchen Sinn hat es also, fragt Schoppe, sich angesichts dieser auch in anderen Punkten deutlich werdenden intellektuellen und moralischen Verfall der Linken noch als linker Männerrechtler zu positionieren?

Es ist links, gesellschaftliche Veränderungen im Sinne einer gerechteren Gesellschaft anzustreben – und es ist rechts ("rechts" im Sinne von konservativ, nicht von rechtsradikal), sich darauf zu konzentrieren, bestehende Strukturen aufrecht zu erhalten, weil sie sich schließlich bewährt hätten.

Dass eine linke Position auf Veränderungen im Interesse eines gerechteren Zusammenlebens pocht, hat beispielsweise Auswirkungen auf das Verhältnis zum Feminismus. Während eine konservative Feminismuskritik darauf konzentriert ist, dass feministische Positionen intakte Verhältnisse – insbesondere Familien – zerstört hätten, legt eine linke Kritik in aller Regel eher Wert darauf, dass die meisten Positionen des heutigen Feminismus überkommene Geschlechterbilder betonieren: Der Mann als Täter, als Herrscher, als gesellschaftlicher Akteur – die Frau als Opfer, als Beherrschte, als Objekt der Handlungen anderer.

Gerade die Väterpolitik ist ein Beispiel dafür, wie verbissen über Jahrzehnte hinweg eine Situation der Rechtlosigkeit aufrechterhalten wurde – in einer stabilen und stillschweigenden Koalition konservativer Familienpolitiker in der Union und feministisch orientierter Mütterlobbyistinnen bei Rot-Grün. Ein solcher Feminismus ist aus einer linken Perspektive also keineswegs Wurzel allen Übels, das Männer erleben – aber er ist eine wichtige Blockade sinnvoller Veränderungen.

Veränderungen wiederum werden nur möglich, wenn verschiedene Elemente oder Positionen miteinander verbunden werden, die vorher unverbunden waren, nichts miteinander zu tun hatten oder sich gar feindlich gegenüber standen. Wer auf Freund-Feind-Muster setzt, blockiert Veränderungen, so sehr er auch behauptet, sie anzustreben.

Aus einer linken Perspektive sind also Feministinnen keine Feinde – wenn sie aber ihrerseits mit Freund-Feind-Mustern agieren, ist das ein Grund, sie deutlich zu kritisieren. Wer wiederum solch eine Kritik dann pauschal als "frauenfeindlich" abtut, ist an einer Blockade der Diskussion interessiert, nicht an Entwicklungen.

(...) Das Problem einer solchen linken Männerpolitik ist offensichtlich: Es fehlen die politischen Bündnispartner. Eine nicht-feministische Geschlechterpolitik gilt nicht deswegen als rechts, weil es irgendwie in sich rechts wäre, sich auch für die Menschenrechte von Jungen und Männern einzusetzen – sondern weil es in linken Gruppen tabuisiert ist, offene und klare Kritik an feministischen Positionen zu äußern. Durch diese Selbst-Blockade des linken Diskurses wird solche Kritik meist von Menschen offen geäußert, die sich politisch eben nicht als links verstehen.

Das eigentliche Problem einer linken Männerpolitik ist aber angesichts des Zustands der heutigen Linken nicht, dass Linke nichts mit Männerpolitik zu tun haben wollen – sondern eher, dass es eigentlich keine linke Politik gibt. Ginge es Linken noch um soziale Gerechtigkeit – um Fairness – darum, dass diejenigen, die gesellschaftlichen Wohlstand produzieren, auch angemessen von ihm partizipieren müssen – um die überragende Bedeutung der Menschenrechte für jeden Menschen, unabhängig von Geschlecht, Rasse, sozialem Stand und anderem: Dann gäbe es so viele Anknüpfungspunkte für eine linke Männerpolitik, oder eine linke nicht-feministische Geschlechterpolitik, dass wir kaum damit hinterherkämen, sie auszuformulieren.

(...) Wer nicht in der Frontstellung zwischen Rechten und Linken hin- und hergespielt werden möchte, wird sich mit der Blockade des linken Diskurses auseinandersetzen müssen. Dazu gehört, unter anderem, eigene Ressentiments zu überprüfen. Wer beispielsweise einen "Kulturmarxismus" beschwört, der in der Tradition der Frankfurter Schule die westlichen Gesellschaften zerstören wolle und feministische Positionen dabei als Waffe verwende – der stellt mit dieser Beschwörung vor allem klar, dass er sich in den Traditionen überhaupt nicht auskennt, die er so kritisiert. Dasselbe tut jemand, der Soziologie, und bei der Gelegenheit auch gern alle Geisteswissenschaften, pauschal als Geschwätz abtut, das niemals eine ernstzunehmende Wissenschaft sein könnte.

Vor allem ist es wichtig, die bequeme und falsche Zuordnung nicht einfach zu übernehmen, dass Feminismus irgendwie urwüchsig "links" sei – eine Überzeugung, der linke Feministinnen und rechte Feminismuskritiker gemeinsam anhängen. Veränderungen werden nur möglich sein, wenn solche Zuordnungen ihre falsche Selbstverständlichkeit verlieren – und das wiederum ist nur möglich, wenn es eine Männerpolitik gibt, die sich ausdrücklich als links versteht.

Es ist also nicht so, dass eine linke Männerpolitik keine Perspektive hätte. Eher ist richtig, dass eine Männerpolitik keine Perspektive hat, wenn es nicht eine ausdrücklich linke Männerpolitik gibt.




2. Nachdem Frauenministerin Schwesig (SPD) ein "Lohngleichheitsgesetz" fordert, hat die Deutsche Bahn schon einmal den eigenen Laden untersucht. Das Ergebnis dürfte nur Feministinnen überraschen: Unter den Tarifbeschäftigten isti die Gleichbezahlung gleichwertiger Tätigkeiten durch die Tarifverträge sichergestellt; auch in Führungspositionen verdienen Frauen und Männer fast gleich. "Fast" bedeutet: In einigen Fällen verdienen Frauen mehr.



3. Ein Spiegel-Online-Artikel über die Ausbreitung des Salafismus weist darauf hin, dass Väter vielleicht doch nicht so unwichtig sind, wie ein Teil der Bevölkerung glaubt:

Mindestens zwei Drittel der von Mücke betreuten jungen Männer wuchsen ohne Vaterfigur auf. Daraus resultiert oft ein übersteigertes Bedürfnis nach männlicher Identifikation. Und genau das nutzen Salafisten aus: Werber und Prediger übernehmen als charismatische Autorität eine neue Vaterrolle für den Jugendlichen.




4. Ein TV-Tipp: Am 18. Mai gibt es um 21:05 Uhr auf 3sat in deutscher Erstausstrahlung den Film Scheidung – einsame Väter von Pascal Magnin und Christophe Ungar zu sehen. Der Ankündigung zufolge übernimmt die Sendung die Positionen der Männerrechtsbewegung:

Viele Väter fallen nach einer Scheidung in ein schwarzes Loch. Insbesondere dann, wenn ihnen der Kontakt mit ihren Kindern verwehrt wird. Diese seelischen Belastungen werden oft unterschätzt.

Wenn sich ein Paar mit Kindern trennt, bleiben diese meistens bei der Mutter. Der Vater erhält ein Besuchsrecht. Es gibt jedoch immer auch Fälle bei denen die Ex-Frau die Entscheidung des Gerichts missachtet und dem Vater die Kinder vorenthält.

Rache oder Erpressung können Grund dafür sein. Nicht wenige der Mütter flüchten mit den Kindern ins Ausland. Die meisten dieser Fälle bleiben ungestraft. Die Behörden sind hilflos und sehen sich nicht in der Lage, den Vätern zu ihrem Recht zu verhelfen.

In der Schweiz wird jährlich fast 1.000 Scheidungskindern der Kontakt zu ihren Vätern verwehrt. Das sind knapp sieben Prozent aller Scheidungskinder, wie das Nationale Forschungszentrum "Kindheit und Jugend in der Schweiz" recherchiert hat. Viele dieser Väter sind damit keineswegs einverstanden. Es war alleine die Entscheidung der Mütter, den Kindern ihren Vater vorzuenthalten. Stéphane Perez beispielsweise hat seine Tochter seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Nach einer Depression, die er dank seiner Familie überwand, gibt er die Hoffnung auf ein Wiedersehen nicht auf. Trotz eines Entscheides des Bundesgerichts weigert sich seine Ex-Frau, ihm den wöchentlichen Besuch zu gewähren. Auch der Anwalt Philippe Kitsos sieht seine Tochter seit zwei Jahren nicht mehr. Seine Ex-Frau ist mit der gemeinsamen Tochter nach Spanien ausgewandert. Rechtlich gesehen ist das inakzeptabel. Doch die Behörden sind machtlos, überfordert oder beides. Empörend ist, dass Mütter, die gerichtliche Entscheidungen nicht einhalten, meistens straflos davon kommen.




5. Selbst innerhalb Europas sind die Kulturen überraschend verschieden. So ließ die UNICEF in Ungarn Videos zeigen, die in deutschen Leitmedien wochenlang zu begeisterten Reaktionen geführt hätten: Sie zeigen, wie sich Kinder gegen sexuelle Übergriffe und andere Misshandlungen durch ihre Väter schützen. In Ungarn jedoch gibt es gegen diese Videos einen Aufschrei der Empörung, der so stark war, dass die Videos nicht mehr im Vorprogramm von Kinofilmen gezeigt werden konnten:

The videos have triggered harsh reactions in Hungary, many say they are "extremist", "misleading", "harmful", "anti-father", and "anti-family". Most of the employees at the Hungarian UNCIEF office are women, news portal mno.hu points out in an opinion piece, adding that the office is led by a rather controversial figure, Emese Danks. (...) Although there is no doubt about the importance of UNICEF’s worldwide mission, such propaganda videos could be rather counter-productive, hurting exactly those who are targeted by the campaign: the Hungarian children and the families.




6. Die britischen Medien diskutieren noch immer die Studie, die offenlegt, wie viele mehr junge Frauen als junge Männer in den Genuss einer Hochschulbildung kommen (werden). Dabei kommt auch zur Sprache, ob ein Grund dafür auch die hohe Überzahl an weiblichen Lehrern ist. Die Daily Mail berichtet:

"Just as the performance of boys at GCSE has declined relative to girls, so the proportion of female teachers has increased. Up until 1993, male teachers in secondary education were in the majority. In the UCAS Teacher Training admissions (UTT) service today, more women apply and they also achieve higher offer and acceptance rates."

But apart from initial teacher training, only two institutions have set targets for 2016/17 on recruiting more men.

The report argues that failing to address the issue now is simply storing up problems for the future. Dealing with the under-achievement of young men at university does not interfere with tackling other inequalities in the system - such as the gap between rich and poor, it said.

"The weak performance of people from disadvantaged backgrounds or certain ethnic groups can only be fully addressed by dealing with the differences in male and female achievement," it continued. "For example, while men underperform overall, poor white men have the worst record of all. So tackling the underperformance of young men is essential if we are to tackle other dismal higher education performance indicators."

Ms Curnock Cook writes: "On current trends, the gap between rich and poor will be eclipsed by the gap between males and females within a decade."

(...) "Of course women face substantial challenges too. (...) 'But policy-making is not a zero-sum game in which you have to choose between caring for one group or the other. Indeed, we can only tackle the socio-economic gap in higher education participation by focusing on the underachievement of young men, and particularly disadvantaged young white men."




7. In Deutschland macht man sich über weiße Männer zwar auch Sorgen, aber nur, weil man sie als Bedrohung wahrnimmt. Das Blog Asemann zerpflückt heute den rassistisch-sexistischen Artikel Weiß, männlich, gefährlich in der Süddeutschen Zeitung.



8. Don Alphonso setzt sich mit dem britischen "Guardian" auseinander, der ähnlich feministisch ausgerichtet wie bei uns Süddeutsche, Rundschau und "taz" ist.



9. Die Journalistin Ashe Schow hat eine Herausforderung an Hillary Clinton:

Give one speech; one, single speech without mentioning you’re a woman, or that you’re running to be the first female president. This challenge also forbids taking a non-women’s issue, like criminal justice reform, and turning it into a women’s issue because that’s really the only thing you know how to do.


10. Bei US-amerikanischen Feministinen breitet sich weiter die Neigung aus, auf Gleichheit vor dem Gesetz zu verzichten, sobald dies für Frauen Nachteile bringt.

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