Montag, Oktober 23, 2017

SPD will "Hand auf Knie" strafbar machen – News vom 23. Oktober 2017

1. Als die SPD im November 2016 auf feministischen Druck hin eine nochmalige Verschärfung des Sexualstrafrechts durchsetzte (ohne auf das Ergebnis einer Expertenkomission zu warten), habe ich auf Genderama immer wieder Kritiker dieser Verschärfung zu Wort kommen lassen. Dabei lauteten zwei Argumente: Das Sexualstrafrecht sei ohnehin schon immer wieder verschärft worden; bis zur nächsten Forderung nach einer weiteren Verschärfung dürfte es auch nicht lange dauern.

Und zack! – es hat nicht mal ein volles Jahr gebraucht:

"Was körperliche Übergriffe angeht, wie Hand aufs Knie legen, sollten wir juristisch schärfer werden", sagte [Noch-Frauenministerin Katarina] Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntagsausgaben). Bei Sexismus gehe es nicht ums Flirten, sondern immer um Macht. Deshalb müsse sich das "Machtgefälle zwischen den Geschlechtern" in Deutschland ändern. "Das hat auch etwas mit fehlender Lohngerechtigkeit zu tun, mit dem Frauenanteil in den Parlamenten, mit einem Frauenanteil in Führungspositionen in Unternehmen", sagte sie. "All das muss kommen, damit sich die gönnerhafte, anmaßende, abwertende, übergriffige Einstellung vieler Männern ändert", sagte die SPD-Politikerin.


Interessant ist die Frage, warum genau die SPD jetzt eine erneute Gesetzesverschärfung fordert. Hat sich seit November letzten Jahres die Situation hierzulande in irgendeiner Form geändert, was sexuelle Übergriffe angeht? Gibt es dringenden Handlungsbedarf? Nein. Das einzig Neue ist, dass es jetzt den Fall Harvey Weinstein in Hollywood gibt. Deswegen deutsche Gesetze verschärfen zu wollen ist Populismus pur. Auch dafür wurde die SPD vor wenigen Wochem vom Wähler abgewatscht.

Oder soll Barleys Forderung eine Reaktion darauf sein, dass ihr Parteimitglied Sawsan Chebli als "jung und schön" bezeichnet wurde? Dann müsste Barley konsequenterweise solche Äußerungen strafbar machen. Womit wir bei der nächsten Frage wären: Wenn man nach den Erfahrungen der letzten Jahre gehe, zieht jede Verschärfung des Sexualstrafrechts eine baldige erneute Forderung nach einer noch strengeren Verschärfung nach sich. Wie sähe diese neue Forderung aus, nachdem die Hand auf dem Knie strafbar gewoden ist? Die Hand auf der Schulter? Eine zu lange Umarmung? Auch Letzteres wird ja von Barley angeprangert:

Bei Fototerminen, gibt es schon den einen oder anderen, der bei der Umarmung oder wenn man eng beieinander steht, seine Hand mal länger auf der Taille lässt oder fester zugreift.


Ich bin gespannt, wie weit der sozialdemokratische Wunsch, zwischenmenschliche Probleme durch das Strafrecht regeln zu wollen, noch gehen wird.



2. Die Schauspielerin Hannelore Elsner findet die #MeToo-Kampagne verlogen:

Schauspielerin Hannelore Elsner hegt laut der "SZ" Zweifel daran, ob Artikel über Sexismus überhaupt etwas bringen. Es sei "doch verlogen, sich jetzt in solchen Sexgeschichten zu suhlen", wird die 75-Jährige zitiert. Artikel über sexuelle Belästigungen dienten nur dem Voyeurismus und führten ihrer Meinung nach kaum dazu, dass "Männer Frauen nicht mehr betatschen". In ihrer 50-jährigen Karriere habe sie viel mitbekommen. "Wissen tun es sowieso alle." Ihr selbst sei nie etwas passiert, da sie frühzeitig entschieden habe, niemals Erfolg "über die Besetzungscouch" haben zu wollen.




3. Die Feministin Mithu Sanyal plädiert beharrlich weiter dafür, auch Männern in der Sexismus-Debatte zuzuhören – diesmal im Interview mit der "Frankfurter Rundschau":

Mir fehlen aber oft die Stimmen der Männer, vor allem der männlichen Opfer. Es gab ein paar in meinem Facebook-Feed, die ihre Erfahrungen gepostet haben, auf Twitter gab es dagegen sehr wenig männliche Stimmen. Da waren Männer mehr als Täter angesprochen. Bei denen, die sich doch zu Wort meldeten, gab es häufig einen Unterton von "Jetzt wollen die wieder die ganze Aufmerksamkeit", was bei dem Thema sexuelle Gewalt nicht dem Bild in Deutschland entspricht. Sexuelle Gewalt gegen Männer wird sehr wenig thematisiert. Es wäre mir ein Anliegen, dass Männer sich in solchen Debatten auch zu Wort melden dürfen. Auch für Frauen kann das wichtig sein. Sie sagen: Wenn Männer auch von sexualisierter Gewalt betroffen sein können, bin ich nicht mehr das "bedrohte Geschlecht". (...) Meine Aufforderung an uns als Gesellschaft ist, die Männer, die über ihre eigenen Erfahrungen reden, anzuhören und ernst zu nehmen.


Es gibt also wenigstens einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont.

Aber warum denken nicht alle Feministinnen so wie Mithu Sanyal? Weil damit zwar vielen Opfern – Frauen wie Männern – geholfen wäre und sich eine stärkere Solidarität zwischen den Geschlechtern herausbilden würde, aber eine Debatte, in der beide Geschlechter als Opfer wahrgenommen werden, sich nicht gut als Hebel für die Rhetorik Katarina Barleys & Co. über die allgegenwärtige Frauenunterdrückung eignet. Da lässt frau viele Opfer lieber unter den Tisch fallen. Barley, die kurz vor der Bundestagswahl noch heuchelte, eventuell auch mal in Erwägung zu ziehen, über die Anliegen von Männern nachzudenken, ist nach der Wahl wieder so einäugig, wie man es von den Sozialdemokraten gewohnt ist.



4. Passend zur aktuellen Debatte über angeblich allgegenwärtigen Sexismus gegen Frauen stellt der britische Telegraph ein neu erschienenes Buch vor:

The "victimhood narrative" that is being taught at schools and universities is fuelling anxiety in young women, an academic has argued in her new book.

Doctrines of "everyday sexism" [and] "rape culture" are having a "debilitating" effect on girls’ confidence, according to Dr Joanna Williams, a lecturer in higher education at Kent University.

Institutions which should be promoting women’s rights - such as schools, universities and feminist campaigners - are now doing more harm than good, she argues.

In a new book, titled "Women vs Feminism: Why We All Need Liberating from the Gender Wars", Dr Williams say that the breed of feminism which is considered "fashionable" nowadays involves telling young women that casual misogyny and sexual harassment are rife.

(...) "It is very difficult for women to present themselves as powerful, strong and capable if they think they need to be wary and anxious," she said.

"So if someone pays you a compliment [you are told] that is outrageous. You are told it is not a joke, it is a sexual attack, it is "everyday sexism or a micro-aggression."

She went on: "It can also be tragic. I gave a talk at my university and a young woman came up to me at the end and says she doesn’t leave her room after dark. When you teach girls they are victims they believe it. But this is not in keeping with reality and it can become quite debilitating."

(...) Writing in "Women vs Feminism", she said that today's dominant feminism narrative "clearly espouses one idea above all others: that women are disadvantaged and oppressed; routine victims of everyday sexism, casual misogyny and the workings of patriarchy".

She argues that the better women’s lives become, "the harder it seems that a new generation of feminists must try to justify their purpose through uncovering ever more obscure problems".




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5. Auch bei Problemen wie Magersucht bleiben männliche Betroffene unsichtbar:

Für magersüchtige Männer bedeutet das, sie sind doppelt stigmatisiert - sie leiden an einer psychischen Störung, die noch dazu vor allem Frauen betrifft. "Das ist oft ein sehr schambesetztes Thema", erklärt Huber. Männer würden ohnehin seltener zum Arzt gehen, eine psychische, in der Öffentlichkeit mit Frauen verbundene Erkrankung reduziere die Bereitschaft noch weiter. Huber: "Für Männer ist das sehr schwierig."




6. Dem Dritten Männergesundheitsbericht wird von Fachleuten Verharmlosung der Beschneidung vorgeworfen.



7. Die Organisation Pro Quote Bühne fordert die deutschen Theater auf, in der nächsten Spielzeit 50 Prozent Regisseurinnen zu engagieren. Beim Deutschlandfunk heißt es dazu:

Die Gleichberechtigung der Frau ist zwar im Grundgesetz verankert, wird aber faktisch gesellschaftlich in Deutschland nicht umgesetzt. Wie eine gerade veröffentlichte Studie der Staatsministerin Monika Grütters darlegt, ist allein die Leitung von Theatern eine Männerdomäne mit 80 Prozent Männeranteil.


Der logische Sprung, dass eine unterschiedliche Verteilung der Geschlechter auf bestimmten Ebenen weniger Rechte für Frauen belege, wird in unseren Leitmedien bereits als allgemein akzeptiert verkauft.



8. Die Post. Gestern veröffentlichte Genderama den Brief eines Lesers, der mich auf die Kampagne "Mann, gib dich nicht geschlagen" von der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen hinwies, die unter der Schirmherrschaft der Gleichstellungs- und Integrationsministerin Petra Köpping steht. Hierzu schreibt mir heute Tristan Rosenkranz, der sich in diesem Bereich bestens auskennt:

Die Kampagne "Mann, gib dich nicht geschlagen" entstammt derselben Federführung wie die beiden Männerschutzwohnungen zu Leipzig und Dresden, die Anfang 2017 eröffnet worden: der des Geschäftsführenden Bildungsreferenten der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen (Frank Scheinert). Alle genannten Projekte verdienen ein hohes Maß an Respekt, Frank Scheinert leistet im Verbund mit zahlreichen Fachleuten eine Arbeit, die bundesweit seinesgleichen sucht.

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