Donnerstag, Dezember 07, 2017

Feministin erbost: Anti-Sexistin soll sexuelle Belästigung bekämpfen – News vom 7. Dezember 2017

1. Die Österreicherin Christine Bauer-Jelinek arbeitet als Psychologin, Wirtschaftscoach und Buchautorin. Genderama-Leser kennen sie überdies als Co-Autorin der ersten wissenschaftlichen Studie, die Feminismus und Maskulismus miteinander vergleicht (eine sehr gelungene Studie übrigens). Jetzt soll Bauer-Jelinek auch Schirmherrin einer Anlaufstelle für Opfer sexueller Belästigung werden. Darüber ist Beate Hausbichler hochgradig empört und poltert in ihrem Artikel für den feministischen "die Standard", Bauer-Jelinek habe das "Vertrauen schon verspielt". Denn unter den von Bauer-Jelinek verfassten Büchern

findet sich auch eines mit dem griffigen Titel "Der falsche Feind. Schuld sind nicht die Männer". Worum es darin geht? Dafür findet Bauer-Jelinek auf ihrer Website eine knackige Zusammenfassung: Es ist eine "massive Kritik an der heute üblichen Bevorzugung der Frauen", heißt es dort über das 2012 erschienene Buch.


Für Beate Hausbichler ist das eine "tolldreiste Behauptung". Mit "Polemik gegen Feminismus", polemisiert Hausbichler, lasse sich "das Vertrauen von Opfern von Übergriffen und sexualisierter Gewalt nicht gewinnen."

Man ist verduzt, wenn man das liest: Ist eine Anlaufstelle für Opfer von Belästigung nur für Feministinnen da? Gehört das Festhalten am Feindbild Mann zu den notwendigen Kompetenzen, um gegen sexuelle Übergriffe vorzugehen? Oder ist da nicht vielmehr eine Sektiererin stocksauer, dass die Bekämpfung von Belästigung nicht wie in vielen anderen Fällen genutzt wird, um Anhänger für die eigene Ideologie zu rekrutieren?

Unweigerlich musste ich beim Lesen dieses kleinen Tobsuchtsanfalls an Erin Pizzey denken, die das erste Frauenhaus der modernen Welt begründete, aber von Ideologinnen dort hinaus gedrängt wurde, sobald sie erkannte, dass die Täterschaft in diesem Bereich nicht geschlechtspezifisch ist. In einer lesenswerten Rezension von Pizzeys Autobiographie erfährt man mehr:

Es gab andere Reibungspunkte. So fehlte vielen Feministinnen jedes Verständnis dafür, dass Pizzey immer noch mit ihrem Mann zusammenlebte. Sie warfen ihr vor, mit dem Feind ins Bett zu gehen und schlugen ihr vor, stattdessen doch einmal mit einer Frau Sex zu haben. Als Pizzey und ihre Mitstreiterinnen bekundeten, ihre Männer zu lieben, wurden sie von einer Welle höhnischen Johlens und Pfeifens niedergemacht. In ihren Memoiren wendet sich Pizzey gegen diese Rudelmentalität: "Ich glaubte wirklich an die Beteuerungen der frühen Frauenbewegung, dass Frauen nicht länger der Herde zu folgen bräuchten. Wir könnten Individuen werden und unser eigenes Ding machen. Tatsächlich aber musste ich mitansehen, dass die Frauenbewegung nichts anderes bedeutete als einen Katalog von Regeln gegen einen anderen einzutauschen. Schon wurde uns mitgeteilt, dass wir kein Make-Up tragen und auf Deodorant verzichten sollten." Immer wieder gingen in den frühen feministischen Organisationen Briefe verzweifelter Frauen ein, oft in Begleitung eines Geldscheins als Spende. Immer wieder musste Pizzey miterleben, wie die Führerinnen der Bewegung die Scheine einsteckten und die Briefe ungelesen wegwarfen.

(...) Bald schon stellte Pizzey fest, dass sie einen schweren Fehler begangen hatte. Während sie und ihre Unterstützerinnen sich um die Opfer gekümmert hatten, waren die radikalen Feministinnen emsig damit beschäftigt gewesen, ihren politischen Einfluss durch zig Lobbygruppen auszubauen. Das Thema häusliche Gewalt wurde dabei der feministischen Ideologie untergeordnet, der zufolge im Patriarchat alle Männer alle Frauen unterdrücken, als Geiseln nehmen und misshandeln. (...) Pizzey erkannte bald, dass sie mit dem öffentlichen Sprechen über ihre Erkenntnisse ein Minenfeld betreten hatte. Feministinnen rotteten sich vor ihrem Haus zusammen und brüllten, dass sie Frauen hasse. Die erste Bombendrohung ging ein. (Später würde es Morddrohungen gegen ihre Kinder, noch später gegen ihre Enkel und gegen ihren Hund geben.) Gleichzeitig musste Pizzey miterleben, wie immer mehr öffentliche Gelder aus der Opferhilfe in die Kassen einer Bewegung wanderten, die, so Pizzey, "aus dem Hass gegen eine Hälfte der Menschheit geboren war".


Man kann sich des Eindrucks wirklich nur schwer erwehren, dass mit den aktuellen Anfeindungen gegen Christine Bauer-Jelinek dasselbe Spiel gespielt wird, das Pizzey schon vor Jahrzehnten erlebte. Wer sich um Opfer kümmern möchte, muss pauschal Männer als Feind und Frauen als unterdrückt wahrnehmen, sonst gibt es Dresche. Erfreulich immerhin sind die Leserkommentare unter Beate Hausbichlers angriffslustigem Artikel:

Eine Psychologin - also eine studierte Expertin in diesem Fach - wirft einen kritischen Blick auf gewisse Aspekte des modernen Feminismus. Wurde es im Mittelalter "Blasphemie" genannt gegen oktroyierte Weltbilder aufzutreten, ist es im 21. Jahrhundert nun der mutmaßliche "Verrat", die mutmaßliche "Verachtung". Eine FRAU hat so etwas gefälligst nicht zu behaupten! Sie hat sich brav in den Chor des feministischen Mainstream unterzuordnen und keinen Fußbreit von der vorgegebenen ideologischen Linie abzuweichen.


Die Untersuchung eines strafrechtlich relevanten Vorgang hängt also nach Ansicht der Frau Hausbichler von absoluter Linientreue zur feministischen Gleichstellungslehre ab. Wer dagegen verstößt, kann nicht im Sinne von Opfern handeln - die dann allerdings erst Opfer sind, wenn dieses objektiv festgestellt wurde. So erzeugt die Autorin ein Paradoxon ersten Grades - Opfer werden erst dann ernstgenommen, wenn sie bereits Opfer sind und wie bei #metoo "listen and believe" gilt. Wer hinterfragt, dem wird grade deswegen jegliche Objektivität abgesprochen. Das eine solche Message rechtsstaatlich äußerst bedenklich ist und den journalistischen und demokratischen Grundprinzipien zuwider läuft ist bedenklich.


Ich verstehe die Argumentationslinie nicht. Man kann Quotenregelungen skeptisch sehen, aber natürlich gleichzeitig gegen sexuelle Belästigungen vorgehen, das sind doch völlig zwei unterschiedliche Sachen.


Wieder einmal typisch für das große F., jeden, der es wagt, eine abweichende Meinung zu vertreten, Verachtung und Polemik zu unterstellen und sich gar nicht erst auf eine sachbezogene Diskussion einzulassen. (...) Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.


Eigentlich finde ich es gerade deshalb gut, daß Frau Bauer-Jelinek diese Stelle bekommen hat.


Was qualifiziert einen Menschen eher für ein Amt?

a) fachliche Kompetenzen

b) ideologische Linientreue

Ein extremer Bias scheint mir eher hinderlich für gute Arbeit.


Ich halte Frauenquoten (va in Aufsichtsräten, wieso nur dort, wieso nicht auch bei der Müllabfuhr, warum nicht Männerquoten in Lehrerberufen etc) für Humbug und trete trotzdem vehementest gegen sexuelle Belästigung ein.


Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Man kann gegen Quotenregelungen und gegen die derzeitige Frauenpolitik sein und trotzdem Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung bekämpfen wollen. Ich sehe da keinen grundsätzlichen Widerspruch.


Nur Feministinnen sind also glaubwürdige Kämpferinnen gegen sexuelle Übergriffe und alle anderen Komplizinnen? Und alle Männer sowieso Komplizen? Gott, ist die Welt einfach!


Das Ding ist, Frauen als Geschlecht sind bevorzugt, die breite Masse. Sie sind allerdings noch nicht in gleichem Maße in die Machtpositionen vorgedrungen, und deswegen häufen sich dort Übergriffe von Männern gegen Frauen.

Übergriffe sind eine Machtfrage und keine Geschlechterfrage. Das wird jeder halbwegs objektive Psychologe so bestätigen.

Dass Frauen von den mächtigen Männern missbraucht werden, tut der Tatsache keinen Abbruch, dass Frauen das bevorzugte Geschlecht sind, das ein Riesennetzwerk an sozialer Hilfe beanspruchen kann, von dem Männer nur träumen können. Und nicht vergessen, auch Männer werden von den Mächtigen missbraucht.




2. In einer mehrere Unterthemen übergreifenden politischen Analyse gelangt Lucas Schoppe zu folgender Einschätzung:

Entweder ist der heutige Feminismus so sehr versackt, dass seine Gegner nur noch gelassen dabei zuschauen müssen, wie er sich in einer großen Wolke selbst produzierter Lächerlichkeit auflöst. Oder der heutige Feminismus ist so fest etabliert, dass es Feministinnen völlig egal sein kann, wie lächerlich sie sich machen, weil sich ohnehin niemand traut zu lachen.




3. Nach Vorwürfen der Diskriminierung wurde eine Polizistin im US-Bundesstaat Indiana vom Dienst freigestellt. Sie hatte in einer Debatte einem Kollegen "white male privilege" vorgeworfen. Ein Kampfbegriff, mit dem man auf Twitter und in Hochschulen automatisch punktet, geht im Polizeidienst offenbar noch lange nicht.



4. Melanie Martinez, Kandidatin bei der Casting-Show "The Voice", wird vorgeworfen, eine Freundin vergewaltigt zu haben. Die Website Bustle kommentiert:

Belästigung und Übergriffigkeit kennen kein Alter, kein Geschlecht, keine Rasse, keine Sprache, keine Religion und keine sexuelle Orientierung. Sie haben das Potenzial, überall dort aufzutauchen, wo es eine unausgewogene Machtdynamik gibt, die - tragischerweise - diese missbräuchlichen Beziehungen fast universell macht. Sie können an einem Arbeitsplatz, in einem Klassenzimmer, auf einer Party, in einer Mentorschaft, in einer Casting-Sitzung, zwischen zwei Frauen, zwischen zwei Männern, in einer Ehe und ja, sogar in einer Freundschaft entstehen. Und wenn dies wirklich ein Wendepunkt für unsere Gesellschaft sein soll, dann müssen wir alle unsere vorgefassten Vorstellungen darüber, wer ein Opfer sein kann und wer ein Täter sein kann, zurückweisen und alle Anschuldigungen gleich behandeln.




5. Anschuldigungen auf keinen Fall gleich behandeln möchten manche in Großbritannien. Dort wird gerade diskutiert, ob Menschen zu längeren Haftstrafen verurteilt werden sollten, wenn ihren Handlungen "Sexismus" (gemeint ist allein der Sexismus gegen Frauen) zugrunde liegt. Der britische Telegraph berichtet.

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